Es gibt Tage, da gelingt nichts.
Da kann das Wetter noch so schön, der Himmel noch so blau und der Ausblick noch so fantastisch sein.
An diesen Tagen möchte man sich die Seele aus dem Leib ziehen und tropfnass aufhängen, in der Hoffnung, dass all der Mist, den man mit sich herumträgt, langsam aber stetig in der Erde verschwindet. Und hat man noch ein Quäntchen Mitgefühl übrig hofft man darauf, dass Mutter Erde aus diesem Mist etwas Gutes entstehen lassen möge.
An solchen Tagen ist der Blick in den Spiegel eher ein Hindernis als eine Hilfe, denn auch der Wahn um Jugend und Schönheit sitzt im Nacken wie ein kalter Frosch, der einfach nicht zum Prinzen werden will.
Das kennen wir alle, egal ob fünfundzwanzig oder fünfundsiebzig. Das Gefühl nicht genug oder unansehnlich zu sein ist zeitlos und universal.
Das ist die eine Seite, die durchaus ihre Berechtigung hat, denn es kann wirklich Spaß machen sich in seinem Selbstmitleid zu suhlen, nur sollte das bitte nicht überhandnehmen.
Denn wir tun uns genauso wenig einen Gefallen damit, wie unserem Umfeld.
Altern kann durchaus Spaß machen, wenn man den Tanz mit der Zeit früh genug erlernt.
Dazu gehört, sich bewusst zu werden, dass der Schönheits- und Jugendwahn uns sowohl unserer Individualität, als auch Würde beraubt.
Wir versuchen die innere Fragilität, die das Alter mit sich bringt durch äußere Verbesserungen wettzumachen.
Gut, wenn es hilft.
Was aber, wenn diese Fragilität nicht nur ein Zeichen des Verfalls sondern eine Vorbereitung auf etwas Neues ist?
Mag sein, dass unser Geist leichter wird, weil die Last des Lebens auf einmal an Bedeutung verliert und die Seele sich mehr dem Wesentlichen zuwendet. Ein neuer Fokus entsteht, der uns Angst macht, weil er uns fremd ist.
Wenn wir nur aus dieser Angst heraus diesem Jugend- und Schönheitswahn folgen, verlieren wir uns selbst, denn jede Falte und jedes gelebte Ereignis beinhaltet einen unbezahlbaren Wert.
Dabei geht es mir keinesfalls darum ästhetische Eingriffe zu verteufeln.
Jeder möge so leben und reif werden, wie er oder sie es für richtig hält. Trotzdem sollten wir die Tiefgründigkeit, die mit dem Altern einhergeht nicht beiseiteschieben.
Sie zeigt uns, dass die Vergänglichkeit nicht nur Abschied, sondern auch Transformation bedeutet und dass Reife nicht nur ein Weniger, sondern ein Mehr ist.
Ein Mehr an Ruhe, Klarheit und Verbindung zu etwas Größerem, dass wir nicht sehen können, wenn wir uns zu sehr verkleiden oder verstellen.
Ich will die Herausforderungen des Älterwerdens nicht ignorieren, sondern sie vielmehr mit Humor
nehmen.
Denn das braucht es auch und zwar eine gehörige Portion.
Hier ein Gedicht, dass ich vor ein paar Jahren geschrieben habe und das, wie ich finde, gut zu diesem Text passt.
Es lebe
Es lebe die Kraft der Wesen,
die im Alter ihre Würde nicht verlieren
und die schwindende Jugend bedächtig
auf den Kompost des Lebens betten.
Es lebe die Schönheit der Wesen,
die in jeder Falte
den Pinselstrich eines Lebens entdecken
das nicht geleugnet werden will.
Es lebe die Weisheit der Wesen
die mit Gelassenheit
den scheidenden Moment
als Vollkommenes Leben begreifen.
© Manuela Dal Poggetto
Freut euch auf meinen nächsten Artikel am 23.05.2025
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Ulrike (Mittwoch, 14 Mai 2025 18:51)
Ein sehr schönes Gedicht
Alina (Mittwoch, 14 Mai 2025)
<3
Cristina Bhoyroo (Mittwoch, 14 Mai 2025 20:56)
…Schoen und wahr geschrieben …freue mich schon auf deinen naechsten text �
Linda (Dienstag, 10 Juni 2025 11:40)
Ja, das Alter bringt ein Mehr an Ruhe, Klarheit und auch Verbindung......da hast du recht, aber auch Freiheit.
Jede Zeile deines Gedichtes berührt mich.