Die alte Eiche

Zuerst einmal möchte ich mich herzlich für eure Kommentare bedanken und mich entschuldigen, dass ihr so lange auf diesen Artikel warten musstet. Es ist gerade viel los in meinem Leben, aber ich

gelobe Besserung und versuche mindestens jeden Freitag einen Beitrag zu veröffentlichen.

 

Vor ein paar Tagen war ich am frühen Morgen in der Döberitzer Heide. Es war klirrend kalt und gleichzeitig wunderbar nebelig.

Ich liebe den Nebel. Er hat etwas Mystisches. Es scheint als würden sich Elfen und Feen hinter Baumstümpfen verstecken, während kleine Zwerge durch weiches Moos huschen und  Kobolde mit ihren  Augen Fussball spielen. 

Die Luft riecht nach würziger Vergänglichkeit.

Ich sitze nach einem langen Spaziergang in meiner alten Eiche, baumle mit den Beinen und hoffe, dass niemand vorbeikommt, der sich fragt, was wohl die alte Schachtel dort Wunderliches treibt.

Sie treibt gar nichts. Sie sitzt ganz still und lauscht dem Wind, der die Blätter zum Tanzen bringt.

 

Die Eiche gibt mir ein Gefühl von Geborgenheit, während meine Erinnerungen wie Luftblasen aufpoppen und als salziger, warmer Tau in der Erde versiegen.

Vor meinem inneren Auge entsteht das Bild von Leo unserem wundervollen, klugen und schönen Labrador. Ich kenne niemanden, der diesen Hund nicht auf Anhieb ins Herz geschlossen hätte.

Leo mit seinem unglaublichen Freiheitsdrang. Stundenlang streiften wir die Sandwege entlang und jedes Mal wenn er eine Fährte aufgenommen hatte, war er verschwunden und tauchte erst nach einer gefühlten Ewigkeit wieder auf. Schwanzwedelnd, mit glänzenden Augen und behaftet mit einem Geruch nach Aas und Verwesung, der meine Flimmerhärchen erstarren ließ.

Seit fast zehn Jahren steht nun schon seine Asche in einer selbstgetöpferten Urne im Wohnzimmer.

 

Es ist kalt und ich fröstle.

Meine Hand fährt zärtlich den Stamm der knorrigen Eiche entlang und ich spüre die rauhe, alte Haut, die etwas Tröstliches hat.

Sie lebt.

Die Sonne schickt ihre Strahlen durch das gelbe Blätterdach und mein Blick fällt auf den Obelisken, der in der Ferne wie ein herrischer Pfeil in die Luft sticht.

In einer milden Vollmondnacht wanderte ich mit drei Freundinnen dorthin, um ein Ritual für die große Kraft des Weibes zu feiern, doch die tiefe Ernsthaftigkei des Unterfangens wurde ebenso im Alkohol ertränkt wie,

die große Kraft des Weibes.

 

Ich schließe die Augen und spüre die seidige Luft auf meiner Haut.

So viele Erinnerungen, viel mehr, als ich gerade in Worte fassen kann.

Es riecht und schmeckt nach würziger Vergänglichkeit,

doch ganz tief in mir drin weiß ich,

dass nichts je verloren geht.

 

 

 

 

 

 

   

 

 

 

 

 

 

Kommentare: 4
  • #4

    Monika (Mittwoch, 20 November 2019 18:56)

    Großartig, einfach toll Deine gefundenen Worte.

  • #3

    Katja (Sonntag, 03 November 2019 12:31)

    Danke für diesen wunderschönen Ausflug, der wunderschöne Bilder im Kopf und ein Wohlgefühl in der Seele zaubert.....

  • #2

    Pedra (Samstag, 02 November 2019 12:31)

    wunderschoen, fuehlt sich an als waere ich dabei,
    danke fuer die tief beruehrenden Zeilen an diesem ersten Novembertag
    wohin mag der Nebel uns wohl tragen in den naechsten Tagen.....

  • #1

    Malou (Freitag, 01 November 2019 22:07)

    Wunderschön! Ich sehe deine gemalten Bilder direkt vor mir! &...ich liebe den Nebel auch, hab viel mehr davon ;)