Amtsbesuche und Wildschweinragout

"Signora, ich freue mich sehr, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie krankenversichtert sind."

Die alterslose Dame vom Einwohnermeldeamt sieht mich freundlich über ihren goldenen Brillenrand hinweg an, während wir ihr gegenüber Platz nehmen.

Erleichtert überreiche ich ihr unsere fehlenden Unterlagen für die Anmeldung.

Die Bewegungen der Signora sind langsam und dennoch apart. Wie eine Klavierspielerin berührt sie die Tasten ihres Computers mit ihren gepflegten Händen,  während sie unsere Daten überträgt. Ich sehe ihr fasziniert zu. Sie ist wahrlich eine elegante Erscheinung. Ihre Haare sitzen wie aus einer 90er Jahre Werbung für Drei-Wetter-Taft.

Ich denke an das samstägliche Ritual meiner Schwiegermutter, die sich beim Friseur diese "piega" legen lässt, um  uns danach mit ungefragten Fotos zu überhäufen.

Ddabei muss ich neidlos gestehen, dass die Italienerinnen mir in puncto Haarmode um viele'Haaresbreiten' überlegen sind.

Auch wenn alles andere in Schieflage gerät, die Frisur sitzt immer.

 

Bevor wir das Büro verlassen, rät uns die Signora unseren Postkasten gut sichtbar anzubringen, da in den nächsten Tagen die "vicili" (die Gemeindepolizei) vorbeikommen würde, um unsere Anwesenheit zu kontrollieren. Erst wenn sie dem Amt ihr okay gegeben haben, sind wir tatsächlich angemeldet.

Ein unterschriebener Mietvertrag reicht wohl nicht aus??!!

Okay, denke ich mir, andere Länder, andere Sitten, doch als ich meiner Nachbarin davon erzähle, schüttelt sie nur verständnislos den Kopf. Als sie vor einiger Zeit hierher gezogen sei, hätte es solche Gepflogenheiten nicht gegeben.

Naja die Gesetze hier ändern sich ständig. Das erklärte uns auch die Dame vom Einwohnermeldeamt.

Innerlich frage ich mich leise, ob dieses Brimborium etwas damit zu tun haben könnte, dass ich, fast jedes Mal, wenn ich irgendwohin fliege, auf Sprengstoff untersucht werde, aber da es müßig ist, sich haltlosen Vorstellungen hinzugeben, lasse ich es lieber.

 

Der nächste Gang, ist der zur Bank, die nur einen Steinwurf vom Rathaus entfernt ist. Hier dürfen wir nur einzeln eintreten und werden vorher im Eingangsbereich abgecheckt, aber da ich regelmäßig in Italien bin, ist das nichts Neues für mich.

Der 'Direttore' der Bank, mit dem wir einen Termin vereinbart hatten, begrüßt uns händeschüttelnd und führt uns in einen kleinen Raum, in dem uns eine junge Frau mit einem schicken Kurzhaarschnitt (ohne Welle) einen Platz anbietet.

Sie erklärt uns, dass wir ohne Bescheinigung vom Einwohnermeldeamt leider nur ein "Besucherkonto" einrichten können und rät uns zu abwarten bis wir angemeldet sind. (die Konditionen für solch ein Besucherkonto seien um einiges höher)

 

Bis jetzt macht es uns nichts aus, die  Ämter abzuklappern. Die Menschen sind nett und hilfsbereit und während unserer Wartezeiten dort, werden Rezepte über Pappardelle mit Wildscheinragout verbal verfeinert, oder wir bekommen einen Tipp, wo man in der Region die besten Spaghetti Carbonara bekommt. (sehr wichtig)

 

Während unserer Gespräche sehe ich den Frauen neugierig beim Gestikulieren zu und überlege tatsächlich, mir die Haare wieder etwas wachsen zu lassen, um meine wilden Locken in einer ordentlichen Außenwelle bändigen zu können.

Vielleicht hilft's ja für das ein oder andere...

 

 

 

 

 

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Kommentare: 1
  • #1

    Tantchen� (Samstag, 15 Februar 2020 12:34)

    Herrlich! Wusste zwar dass du eine bombastische Frau bist..aber dich deswegen gleich auf Sprengstoff zu untersuchen����